Wasser in Plastikflaschen ist ein Milliarden-Geschäft für Konzerne - es bremst das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen in armen Ländern, wie ein UN-Bericht zeigt.
Wasser in Plastikflaschen ist ein Milliardengeschäft. In jeder Minute werden weltweit mehr als eine Million Flaschen verkauft. 34 Dollar gibt rein rechnerisch jeder Mensch pro Jahr für Wasser in Plastikflaschen aus. Was sich auf die Summe von 270 Milliarden Dollar jährlich mit einem Volumen von rund 350 Milliarden Liter beläuft, wie eine Studie der UN anlässlich des Weltwassertages an diesem Mittwoch zeigt.
Der Report benennt auch die zahlreichen damit verbundenen Probleme: Dass Wasser in Plastikflaschen um ein Vielfaches teurer ist als sauberes Trinkwasser aus der Leitung. Dass das Flaschenwasser von Konzernen oft aus öffentlichen Quellen und aus Grundwasser gewonnen wird und damit auch den Druck auf die wichtige Ressource vergrößert. Dass Wasser in Plastikflaschen keineswegs immer unbelastet und sauber ist. Und dass die Plastikflaschen global nur selten recycelt werden und ein gigantisches Müllproblem verursachen.
Insgesamt verschleiere die Wasserflaschen-Branche, dass der Zugang zu sicherem Trinkwasser für alle Menschen weiterhin nicht gewährleistet ist und damit ein wichtiges nachhaltiges Entwicklungsziel nicht erreicht werde.
„Das ist einer der am stärksten wachsenden Märkte weltweit, schneller wachsend als jeder andere Nahrungsmittel-Markt“, heißt es in der Studie „Global Bottled Water Industry: A Review of Impacts and Trends“ des UN-Instituts für Wasser, Umwelt und Gesundheit, die auf Daten aus 109 Ländern basiert. „Es wird erwartet, dass der Markt die Schwelle von 500 Milliarden Dollar bis 2030 überschreitet“, heißt es dort. 2021 waren die USA mit etwa 64 Milliarden Dollar der größte Markt für „bottled water“, gefolgt von China mit 45 Milliarden und Indonesien mit 22 Milliarden Dollar.
Auch Deutschland gehört zu den großen Nutzern und ist der größte Markt in Europa. Mit gut sechs Milliarden Dollar rangiert die Bundesrepublik gemeinsam mit Singapur hinter Australien (rund zehn Milliarden Dollar) weltweit auf Platz sieben. Pro Kopf der Bevölkerung liegen Singapur, Australien mit jährlich 1129 Dollar und jeweils gut 500 Litern an der Spitze. In Deutschland sind es rund 220 Liter.
Im Schnitt 2,50 Dollar legen die Menschen in den reichen Ländern für eine Plastikflasche Wasser auf den Tisch, zwischen 80 Cent und einem Dollar sind es in den ärmeren und armen Ländern. Die am stärksten wachsenden Märkte für Flaschenwasser sind der Studie zufolge Ägypten, Algerien, Brasilien und Indonesien. Aber selbst in Frankreich und Italien setzen mehr als 60 Prozent der Verbraucher:innen auf Wasser aus Plastikflaschen.
Vor der Weltwasserkonferenz in New York warnt die UNO-Flüchtlingshilfe Deutschland vor einer Katastrophe in Afrika. Am Horn von Afrika bahne sich eine Klimakatastrophe an, sagte der Direktor des Hilfswerks, Peter Ruhenstroth-Bauer, am Dienstag in Bonn.
Der Region drohe die sechste ausfallende Regenzeit, die Zahl der Vertriebenen nehmen weiter zu. Millionen Menschen aus Somalia, Äthiopien und Kenia kämpften inmitten knapper Wasserquellen, Hunger und Unsicherheit ums Überleben. „Wir müssen die Menschen, die vor Konflikten aufgrund mangelnder Wasserressourcen fliehen, unterstützen und in den betroffenen Gebieten langfristige Lösungen erarbeiten“, forderte Ruhenstroth-Bauer.
In New York findet von Mittwoch bis Freitag die Weltwasserkonferenz statt. Der Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Dienstleistungen ist ein Menschenrecht und gehört zu den in der Agenda 2030 festgelegten 17 UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung. Auf dem Gipfel solle festgelegt werden, wie die Ziele der Agenda schneller umgesetzt werden können. kna
Fünf große Konzerne stehen für 25 Prozent des Marktes und jährliche Einnahmen aus dem Verkauf des Wassers in Plastik von rund 65 Milliarden Dollar, so die Studie: Pepsi und Coca-Cola mit je rund sieben Prozent, Nestle mit 4,9, Danone mit 3,1 und das US-Unternehmen Primo Corporation mit 2,9 Prozent. Dabei nutzen die Konzerne zu geringen Kosten Wasser aus öffentlichen Quellen und verkaufen es dann gewinnbringend. „In den USA etwa holt sich Nestlé Waters täglich drei Millionen Liter in Florida Springs; in Frankreich Danone bis zu zehn Millionen Liter in Evian-les-Bains in den französischen Alpen; und in China die Hangzhou Wahaha Group bis zu zwölf Millionen Liter aus den Changbai Mountain Springs“. In Indien, Pakistan, Mexiko und Nepal sollen Coca-Cola und Nestlé 2021 bis zu 100 Milliarden Liter aus Quellen entnommen haben. Teilweise würde für das Flaschenwasser auch das Grundwasser angezapft – mit negativen Folgen für die Umwelt.
Dabei ist das Wasser in Flaschen nicht immer sauber. In 40 Fällen aus Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern wurden Verunreinigungen durch Metalle, Chemikalien, Pestizide, Bakterien, Antibiotika und Mikroplastik nachgewiesen, heißt es in der UN-Studie.
Während das Flaschenwasser in den reichen Ländern bei Preisen, die zwischen 150 und 1000 Mal höher liegen als die öffentlichen Wassergebühren, ein Luxusgut ist, müssen die Menschen in den armen Ländern auf Flaschenwasser setzen, weil eine verlässliche öffentliche Wasserversorgung fehlt. Weltweit haben zwei Milliarden Menschen immer noch keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. „Der Anstieg des Verbrauchs von Flaschenwasser dokumentiert den begrenzten Fortschritt und die vielen Fehlschläge bei der öffentlichen Trinkwasserversorgung“, sagt UN-Direktor Kaveh Madani. „Das verweist auf einen Fall extremer sozialer Ungerechtigkeit.“
Jährlich müssten der Studie zufolge 114 Milliarden Dollar investiert werden, um bis 2030 das Entwicklungsziel einer weltweit verlässlichen Trinkwasser-Versorgung zu erreichen. Also die Hälfte dessen, was derzeit jährlich für Wasser in Plastikflaschen ausgegeben wird, so die Studie.
Zugleich sorgt das Wasser in Plastikflaschen weltweit für ein gigantisches Müllproblem. 35 Prozent aller Plastikflaschen weltweit werden für Wasser genutzt, vornehmlich aus PET. 2021 wurden, so die Studie, rund 600 Millionen Plastikflaschen produziert – rund 25 Millionen Tonnen PET-Müll. Nur 14 Prozent der Flaschen würden weltweit recycelt. In der EU seien es 41, in Nordamerika 35 Prozent. Deutschland steht dabei zusammen mit Dänemark, der Schweiz und Norwegen mit einer Recycling-Quote von gut 80 Prozent an der Spitze. Immerhin, so der Report, steige weltweit das Bewusstsein für die negativen Folgen des Plastikmülls. Aber ein Durchbruch bei Alternativen für die PET-Flaschen gebe es noch nicht. „Die PET-Umweltverschmutzung wird sich in den nächsten Jahren weiter fortsetzen“.