Energie & Umwelt
Wirtschaft und Verkehr
Von: Valentina Romano | EURACTIV.com | übersetzt von Silvia Cocca
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Die EU-Kommission hat einen Lobbyvorstoß der Getränkeindustrie abgeblockt. Diese wollte wiederverwertete PET-Flaschen vorrangig zu lebensmitteltauglichen Kunststoffen verarbeiten. Das hätte womöglich den Markt verzerrt.
PET steht für Polyethylenterephthalat, eine Form von Polyester, die in der Getränkeindustrie häufig verwendet wird. Das Material ist beliebt, weil es stabil, leicht und taugt für das Verpacken von Lebensmitteln.
Obwohl die Sammelquote für PET-Flaschen bei etwa 50 Prozent liegt, enthalten neue Flaschen, die in der EU auf den Markt kommen, im Durchschnitt nur 17 Prozent recyceltes PET. Der Rest wird abgewandelt, häufig in Textilprodukte.
Nach Ansicht der Getränkeindustrie behindert dies die Rückgewinnung von PET-Kunststoff für das Recycling zu neuen Kunststoffflaschen. Dafür braucht man hochwertigen Kunststoff der für Lebensmittel geeignet ist.
Die Industrie hatte die EU-Kommission dazu aufgefordert, das Problem anzugehen, indem sie den Getränkeherstellern einen vorrangigen Recycling-Zugang zu den von ihnen zuvor verkauften Plastikflaschen einräumt.
Dafür solle in der EU-Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR), die von der Kommission im November letzten Jahres vorgelegt wurde, ein „Vorkaufsrecht“ für Hersteller einzuführen.
„Die anderen Industrien nutzen uns aus“, sagte Klára Hálová vvon Mattoni, dem Marktführer bei alkoholfreien Getränken in Mitteleuropa.
In einer Rede auf einer EURACTIV-Veranstaltung am Dienstag (28. Februar) sagte Hálová, dass der Wettbewerb um recyceltes PET mit anderen Sektoren wie der Textilindustrie den Preis für gesammeltes PET in die Höhe treibe.
„Das ist wirklich nicht nachhaltig und nicht bezahlbar. Meiner Meinung nach sollten wir dem Grundprinzip der erweiterten Herstellerverantwortung folgen, was bedeutet, dass wir das Material auf den Markt bringen, sammeln und recyceln wollen“, sagte sie und forderte die Kommission auf, „einen angemessenen und fairen Zugang zu dem Material zu gewähren“.
Die Europäische Kommission wies diese Forderungen jedoch zurück.
Mattia Pellegrini, Referatsleiter in der Umweltdirektion der Kommission, sagte, die EU-Exekutive habe das Thema bereits teilweise mit der Einführung einer Mindestbedingung für Pfandsysteme (DRS) in das EU-Verpackungsgesetz behandelt.
„Es gibt ein DRS-System sowohl für Getränkeflaschen als auch für Metalldosen, und der Vorschlag enthält einen Anhang mit der Bezeichnung ‚Mindestbedingungen für DRS-Systeme'“, so Pellegrini, der darauf hinwies, dass die Idee auf Anregungen von Interessengruppen, einschließlich der Getränkeindustrie, zurückgeht.
„Wir haben nicht nur das DRS-System vorgeschrieben, um das Recycling, die Qualität des Recyclings und den geschlossenen Kreislauf zu verbessern. Wir haben auch gesagt, dass, wenn man ein neues DRS-System aufbaut – denn in vielen Ländern gibt es das nicht -, man diese Mindestbedingungen einhalten muss“, fügte er hinzu.
Die EU-Regulierungsbehörden können der Getränkeindustrie jedoch keinen vorrangigen Zugang zu recyceltem PET gewähren, da dies zu einer „Marktverzerrung“ führen würde, sagte Pellegrini und wies die Forderung der Industrie nach einem „Vorkaufsrecht“ zurück.
„Wir hatten eine ausführliche Diskussion mit allen anderen Abteilungen der Kommission und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir nicht auf diese Weise eingreifen können, indem wir im Wesentlichen keinen vollständigen Wettbewerb bei der Nachfrage zulassen“, erklärte er.
Umweltschützer sind der Meinung, dass andere EU-Rechtsvorschriften genutzt werden können, um die Getränkehersteller vor dem Wettbewerb um Rohstoffe mit der Textilindustrie zu schützen.
Dazu gehöre ein Vorschlag für eine Richtlinie zum Schutz der EU-Verbraucher vor unlauteren Geschäftspraktiken, sagte Jean-Pierre Schweitzer vom Europäischen Umweltbüro (EEB), einem grünen Dachverband.
Laut Schweitzer könnte der Vorschlag, der im März 2022 veröffentlicht wird, genutzt werden, um „grüne Behauptungen der Textilindustrie über die Verwendung von recyceltem PET in ihren Produkten anzufechten“.
Eine andere Lösung könnte bei der anstehenden Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie gefunden werden, so Schweitzer. Die Modeindustrie täusche die Verbraucher über den Gehalt an recyceltem PET in ihrer Kleidung, müsse sich aber möglicherweise schon bald mit der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) auseinandersetzen.
„Der Textilsektor profitiert vom Zugang zu recycelten Materialien, aber in der Praxis trägt er nicht zum Abfallbewirtschaftungssystem bei, er leistet keinen finanziellen Beitrag dazu, aber er könnte im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie bald mit einer EPR konfrontiert werden“, erklärte er.
„Wenn es eine Ökomodulation gibt, dann sollte es nicht unbedingt eine Art Belohnung für Textilien einschließlich PET geben, sondern eher für Textilien, die wieder aus textilen Materialien bestehen“, sagte Schweitzer.
European Commission plans to include mandatory recycled content targets for all plastics in a makeover of packaging laws expected this summer risk derailing attempts by plastic bottle manufacturers to reach closed loop recycling, the industry has warned.
EU-Länder nicht bereit für neue Recyclingziele
Die Verordnung der Kommission über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR), die im November vorgelegt wurde, setzt neue Ziele für Recycling und Wiederverwendung, um Abfälle zu reduzieren.
Nach der neuen Verordnung müssen die Mitgliedstaaten die Verpackungsabfälle bis 2030 um 5 Prozent reduzieren. Bis Ende 2025 sollen 65 Prozent aller Verpackungsabfälle recycelt werden, darunter 50 Prozent der Kunststoffe, 50 Prozent des Aluminiums, 70 Prozent des Glases und 75 Prozent von Papier und Pappe.
Viele Länder verfügen jedoch noch nicht über die Infrastruktur für ein verstärktes Recycling.
Im April wird die Kommission einen „Frühwarnbericht“ vorlegen, in dem die Recyclingkapazitäten in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten bewertet werden. Pellegrini zufolge wird das Bild nicht sehr positiv ausfallen, da in den meisten Mitgliedstaaten die Gefahr besteht, dass die Vorschriften nicht eingehalten werden“, weil die Recycling-Infrastruktur fehlt.
Der Druck auf die Infrastruktur wird nicht nur von der Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle ausgehen, fügte Pellegrini hinzu, sondern auch von der EU-Verordnung über die Verbringung von Abfällen, die darauf abzielt, die Ausfuhr von Kunststoffen in Nicht-OECD-Länder zu verbieten.
Gegenwärtig schicken die EU-Länder den größten Teil ihrer Abfälle ins Ausland. Nach Schätzungen von Eurostat erreichten die EU-Abfallausfuhren in Nicht-EU-Länder im Jahr 2020 32,7 Millionen Tonnen, was einem Anstieg von drei Vierteln (+75 Prozent) seit 2004 entspricht.
„Die Kommission hat die Mitgliedstaaten auch im Rahmen der Rückgewinnungsfazilität nachdrücklich aufgefordert, so viel wie möglich in den Aufbau dieser Infrastruktur zu investieren“, sagte Pellegrini.
> Sehen Sie sich die vollständige EURACTIV-Veranstaltung unten an:
[Bearbeitet von Frédéric Simon and Nathalie Weatherald]
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